Hühnerfüße in Muang Ngoi

Sabbadii!

Am Fluss in Muang Ngoi

Wir sind wieder da, wieder zurück in der Zivilisation! Und dieses Mal kommt uns das verschlafene Örtchen Luang Prabang vor wie eine echte Metropole, der Kontrast ist überwältigend. Wie waren für 8 Tage in Muang Noi, einem winzigen Dörfchen mitten im Nirgendwo, ungefähr 150 km nordöstlich von hier. Durch seine Erwähnung im Lonley Planet ist es zwar in den letzten 12 Monaten gewaltig gewachsen und hat sich zu dem Traveller-Zentrum im Nordosten entwickelt, es ist dabei aber trotzdem vollkommen familiär, dörflich und sehr ruhig geblieben. Es gibt dort weiterhin weder Strom, Telefon und Straßen, die einzige Verbindung zur Aussenwelt ist ein Boot morgens um 9 zum nächsten Nachbarort mit Straßenanschluss, entweder flussaufwärts drei Stunden oder flussabwärts eine Stunde; zu den Nachbardörfern am Fluss fährt man auch immer mit dem Boot.


Der Ort selbst hat sich durch die vielen Touristen mittlerweile soweit entwickelt, dass es schon eine ganze Reihe von Unterkünften und kleinen Restaurants gibt. Die meisten Teile des Ortes werden auch über eigene kleine Generatoren abends mit etwas Strom versorgt, meist aber nur bis 21 Uhr, danach ist es dann sehr still. Auch ein zentraler Brunnen mit einer elektrischen Pumpe und einer Wasserleitung ist mittlerweile schon entstanden. Wir hatten das Glück, dass unser Waschhäuschen auch an diese Leitung angeschlossen war, in einigen anderen muss der große Vorratsbehälter von Hand von der nächsten Zapfstelle aus gefüllt werden. So weit wir es mitbekommen haben, hat aber mittlerweile auch jede Unterkunft Zugang zu einem Waschhäuschen, im Fluss waschen sich nur noch die Einheimischen, weil sie es eben so gewohnt sind: Vielen ist ein echtes Vollbad im Fluss lieber als eine Dusche mit der Schöpfkelle (weil für eine echte Dusche im westlichen Sinne der Wasserdruck und die Menge einfach nicht reicht). Trotz der Touris sind die Einwohner noch nicht unverschämt geworden und verbreiten immer noch eine sehr familiäre Atmosphäre. Trotz massiver Preiserhöhungen ist der Ort auch für laotische Verhältnisse noch sehr günstig: Die Übernachtung für zwei Personen im Bambusbungalow kostet den Einheitspreis von 1,50 US$, ein Abendessen liegt zwischen 0,50 und 1,40 US$ pro Person.

Wir haben zusammen mit einer supernetten Engländerin in den ersten Tagen eine zweitägige Trekkingtour ins Hinterland unternommen. (Bilder auf der zuhörigen Bilderseite) Es gibt dort ein kleines Seitental mit einigen Nachbardörfern, das Nächste 1 Stunde entfernt, das Übernächste gut 4 Stunden. Dann wieder zwei Stunden lang nichts bis zum nächsten Dorf, und immer so weiter. Insgesamt sind wir am ersten Tag 6 Stunden und am zweiten Tag 8 Stunden gelaufen, haben sehr viel gesehen und in einem der Dörfer übernachtet. Jetzt weiß ich es genau: Zwischen der Gegenwart und der frühen Bronzezeit liegen ziemlich genau 10000 Kilometer! Es ist wirklich unglaublich, wie die Menschen dort auch heute noch leben, es sieht noch altertümlicher aus, als die meisten deutschen Freilichtmuseen à la Mühlenhof. Der Tag beginnt bei Sonnenaufgang damit, in schweren hölzernen Klopfmühlen den Reis für den Tag zu schälen. Für drei Kilogramm braucht eine Frau eine gute Stunde, und den Mühlschlägen immer wieder fallen zu lassen, ist wirklich harte Arbeit. Die Mühle sieht ungefähr aus wie eine Wippe mit einem kurzen, leichten und einem langen, schweren Ende. Die Frau tritt dann immer wieder mit ihrem vollem Gewicht das leichte Ende auf den Boden, hebt das schwere Ende und lässt es dann mit voller Wucht auf dem Reis fallen. Immer wieder, jeder einzelne Schlag entspricht etwa der Höhe von zwei deutschen Treppenstufen, solange, bis der Reis nach ca. 1 Stunde aus seiner Hülse gefallen ist. Ich habe unserem Führer daraufhin gleich einmal etwas von Fitnessstudios mit diesen seltsamen Stepper-Geräten erzählt und was die Leute dafür bezahlen, diese Geräte nutzen zu dürfen. Er hat da auch gleich ein Geschäft gewittert 😉

Der Rest im Dorf läuft entsprechend einfach ab, die Hühner und Enten laufen mit ihren vielen Küken immer um die Reismühlen herum, die Schweine dösen im Schatten oder sulen sich unten im Wald gemeinsam mit den Wasserbüffeln in einer Schlammgrube und die Männer gehen zur Jagd. Es ist eine Gesellschaft genau im Übergang von den Jägern und Sammlern zum Wanderfeldbau. Eisen wird schon verwendet, aber ansonsten stellen sie tatsächlich alles aus Bambus und Holz her. Wir haben lange nach etwas gesucht, was sie nicht mit Bambus anstellen: Alles ist aus Bambus, Häuser, Leitern, Wände, Matten, Stoffe, Lampen, Schiffe, Fischreusen, Flösse, Staudämme, Treppen, Uferbefestigungen, Musikinstrumente, Pfeifen (für Tabak und was sich hier in dieser Gegend noch alles so rauchbares findet ;-), Papier, Taschen, Flaschen, Töpfe, Mörser, Messer, einfach alles. Essen tun sie ihn auch (schmeckt gut als Suppe), aber, *Tätä!*: Sie rauchen ihn nicht! Jawohl! Das tun sie nicht mit Bambus!

Maschinen oder Fahrzeuge sind unbekannt. Gewebt wird frei Hand, gesponnen mit einer Spindel in der Hand. Transportiert wird in der Regel in (Bambus-) Körben an einer (Bambus-) Stange von ein oder zwei Leuten, Tiere werden nur zum Pflügen im Flachland eingesetzt, in den Bergen geschieht auch das per Hand. Rucksäcke im europäischen Sinne gibt es nicht, die Frauen tragen ihre Ernte zwar in Taschen (aus Bambusgewebe) auf dem Rücken, die Trageriemen (aus Bambusfasern) werden aber mit der Stirn gehalten. Die müssen echte Stiernacken haben, um auf diese Weise ihre 30 bis 40 Kilo Gepäck auf der vier Stunden langen Strecke mit einigen Bergen unterwegs zum Markt in Muang Noi tragen zu können.

Wasser, sowohl zum Waschen als auch zum Trinken, wird auf ähnliche Weise von einer Quelle weit unten am Berg hochgeholt. Warum bauen die ihre Hütten eigentlich immer genau auf den Berggipfel? An der Flanke wäre es so viel einfacher…

Der Ausflug in die Berge hat uns auch endlich das Rätsel um die Hühnerfüße enthüllt: Wir haben uns schon seit wir es vor vier Jahren zum ersten Mal in Thailand gesehen haben, immer gefragt, was genau es an einem Hühnerfuß denn noch zu essen geben könnte, der besteht doch nur aus ledriger Haut und Knochen. Jetzt weiß ich es: Die Haut ist zweischichtig. Die äußere Haut ist ungenießbar (selbst für Asiaten!), die innere wird geröstet und abgeknabbert. Schmeckt irgendwie wie einfache Knorpelmasse, nix tolles also. Aber wenigstens weiß ich es jetzt endlich!

Diese Hühnerfüße konnten wir bei unserer Ankunft übrigens noch durchs Dorf laufen sehen, das Huhn wurde ganz frisch extra für uns geschlachtet und gekocht. Vorher gab es allerdings noch „Whiskey Bamboo“ (Da isser wieder!): Eine Art von Reiswein-Federweissem, der in einem dickem Bambusrohr angesetzt wird und nach einer Woche Gärung dann trinkfertig ist. Ziemlich süß, sehr lecker und nicht zu stark. Getrunken wird stilvoll in gemütlicher Runde mit einem langen Strohhalm (Natürlich nicht aus Stroh, sondern, ihr werdet es nie erraten, aus Bambus).

Was wir außer dieser Tour sonst noch im Nirgendwo gemacht haben, erzähle ich später einmal, hier ist es jetzt langsam Zeit zum Abendessen (und einem lecker Beer Lao 🙂 In den nächsten Tagen bleiben wir erstmal über Songkran (buddistisches Neujahrfest) hier in Luang Prabang und überlegen uns, was wir als nächsten tun. Laos ist bis jetzt auf jeden Fall der Oberhammer und ganz sicher absoluter Höhepunkt unserer Reise. Geplant hatten wir zwei Wochen, es werden sicher vier und wir denken über eine Verlängerung auf sechs oder acht Wochen nach. Allerdings wird es dann mit dem Strand in Thailand nichts mehr, das geht so auch nicht. Mal sehen.

Unsere Einstellung zu Thailand hat sich im Laufe unserer Reise übrigens stark verändert: Wir hatten das Land immer als sehr exotisch, einfach und fremd empfunden. Alle Leute, die wir bisher getroffen haben, die eine ähnliche Runde machen wie wir, sind sich mit uns einig, das die allgemeine Meinung, der Ural würde die Grenze zwischen Europa und Asien bilden, so nicht stimmt. In Wirklichkeit ist es der Mekong zwischen Thailand und Laos, der den Westen von Asien trennt. Von hier aus betrachtet ist Thailand ganz sicher eher ein westliches Industrieland als ein Teil Asiens.

So, mich zieht der Hunger weg vom Rechner. Übrigens: Wir haben spätestens seit Vietnam hier ständig Probleme mit dem Essen. Es ist zu lecker, es ist zu billig und es wird überall verlockend angeboten. Maria verbietet mir jetzt schon meinen Bananenpfannkuchen zum Frühstück. Dabei verzichte ich doch sogar schon auf das Omlett und das Käsebrot ;-( Als Ersatzdroge weiche ich jetzt auf Papayasalat und Fruchtshakes aus.

Also bis dann, Michael + Maria

Dieser Beitrag wurde unter Asien 2003, best-of, Heimatmail, Laos abgelegt und mit , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert