2005 ist vorbei – und damit das Jahr, in dem die Entwicklungen weg vom eher freiheitlichen Rechtsstaat ein äußerst beunruhigendes Tempo angenommen haben. Am allermeisten beunruhigt mich bei alledem aber nicht einmal die Tatsache, dass so viele wesentliche Grundsätze über Bord gingen, sondern vor allem, dass es offenbar fast niemand merkt und auch niemanden interessiert.

Als im April 2005 das Bankgeheimnis abgeschafft wurde ging das noch durch die Presse, war der Tagesschau mehr als eine Meldung wert und wurde auch öffentlich diskutiert.

Die Diskussion um die Softwarepatente mitte des Jahres – und vor allem die Dreistigkeit, mit der sich der EU-Rat und die Kommission über den erklärten Willen der Parlamente hinweggesetzt haben – ist dagegen ausserhalb der Gemeinde rund um den Heise-Newsticker schon praktisch nicht mehr zur Kenntniss genommen worden.

Und schon das große Finale im Dezember rund um die Vorratsdatenspeicherung und Mautdaten-Verwendung war den allermeisten Medien nicht einmal mehr eine Randnotiz wert. 1984 gab es noch großen Widerstand gegen die geplante Volkszählung – 2005 ist die Mehrheit offenbar zu träge, um wesentlich schlimmere Eingriffe in ihre persönlichen Freiheiten auch nur zur Kenntnis zu nehmen.

1986 war der maschinenlesbare (Papier-) Ausweis höchst umstritten – 2005 wurde der biometrische Pass ziemlich geräuschlos eingeführt und in der Presse tatsächlich als „Gewinn an Sicherheit“ beschrieben.

Genau dieser Unterschied in der Mentalität der Mehrheit ist es, der mir große Sorgen bereitet – wenn es niemanden interessiert, wird sich an der Tendenz auch nichts ändern und es wird 2006 genauso weitergehen wie schon 2005.

Die Fußball-WM war bereits im Vorfeld ein gewaltiger Erfolg in ihrer Rolle zur Prüfung der Akzeptanz detaillierter Datenerfassungen. Im Juni wird die Gelegenheit dann genutzt werden, das Volk auf die angebliche Notwendigkeit vollpersonalisierter Eintrittskarten zu konditionieren. Dazu dann flächendeckende Gesichts- und Verkehrserfassung in den WM-Städten.

Alles wieder einmal unter dem Deckmantel der „Terrorismusbekämpfung“ – eine sehr erfolgversprechende Strategie: Sollte es einen Anschlag geben – von wem auch immer – wäre das der willkommene „Beweis“, dass die bisherigen Maßnahmen noch nicht umfassend genug sind und dringend ausgeweitet werden müssen. Und wenn nichts passiert – ja prima! Zeigt es doch ganz klar, wie wichtig und richtig die getroffenen Maßnahmen sind – also muß so weitergemacht werden wie bisher und am Besten, immer nur zur weiteren Verbesserung der „Sicherheit“ selbstverständlich, die Überwachung noch weiter vervollkomnet werden.

So oder so: Die WM wird das Argument zur weiteren Aushöhlung des Grundgesetzes sein.

Michael